Noten im Zwiespalt

Positionieren oder Anpassen? Sebastian Fitzeks neues Buch «Elternabend» bringt das Thema auf den Punkt und regt dazu an, das aktuelle Notensystem zu hinterfragen.

Der Protagonist Sascha Nebel gerät in «Elternabend» unfreiwillig in die Vaterrolle eines ihm unbekannten Kindes und bezieht Stellung zum gegenwärtigen Notensystem. In einer Rede kritisiert er dieses als unfair, willkürlich und demotivierend. Noten würden nicht die wahren Fähigkeiten der Schüler widerspiegeln, sondern ihre Anpassung an die Erwartungen der Lehrer und der Gesellschaft. Es fördere Konkurrenz anstelle von Kooperation. Er schlägt vor, ein System einzuführen, das auf individuellen Lernzielen, persönlichem Feedback und kreativen Projekten basiert. Ein System, welches den Schülerinnen und Schülern mehr Freiheit, Verantwortung und Spass am Lernen vermittelt und ihnen hilft, die eigenen Stärken, Schwächen und Interessen zu entdecken und zu entwickeln. Doch genau genommen redet Sascha Nebel allen nach dem Mund.


«Endlich hatte ich mal das getan, was ich sonst scheute: Stellung bezogen. Aber im Grunde hatte ich doch nur wieder allen nach dem bulettengefüllten Mund geredet. Hatte jeder Meinung zugestimmt, um dann meine eigene als eine Synthese zu präsentieren, ohne dass sich jemand schlecht fühlen musste. Wie auch immer.» (Seiten 215-218)


Gratwanderung zwischen Meinung und Konformität
Auf dem herausfordernden Terrain zwischen Schülerinnen und Schülern, Lehrpersonen, Eltern und Behörden geht es mir als Schulleiterin mit diesem Thema oft sehr ähnlich. Trotz persönlicher Meinung zur Problematik entscheide ich mich in gewissen Situationen eher dafür, den Erwartungen zu entsprechen und anderen Meinungen zuzustimmen – damit sich niemand schlecht fühlt, ich mich nicht exponieren muss, um Konflikte zu vermeiden.


Sebastian Fitzeks Roman verdeutlicht den inneren Konflikt, den viele im Bildungsbereich erfahren. Das Thema ist aktuell: Sich zum Notensystem positionieren oder allen nach dem Mund reden. Welche Erfahrungen machst du als Schulleiterin bzgl. Wie geht es dir mit diesem Thema und was meinst du dazu? Wie weit soll bzw. darf man als Schulleiterin die eigene Meinung dazu vertreten? Hast du Interesse mit anderen Schulleiterinnen in informellem Rahmen darüber zu dialogen?

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